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ENGO an Forschungsprojekt beteiligt – Erste regelleistungsfähige PV-Anlage Deutschlands geht in Nobitz in Betrieb
In einem gemeinsamen Forschungsprojekt von TU Braunschweig, SMA Solar Technology AG und GEWI AG stellt die ENGO Energiegenossenschaft Ostthüringen eG (kurz ENGO) ihre Photovoltaik-Anlage in Nobitz zu Forschungszwecken zum Thema Regelenergieerbringung durch Solarenergie zur Verfügung. Zu diesem Anlass erfolgte am Dienstag, dem 25.07.2017, um 11.00 Uhr der Startschuss für die Testphase mit allen Projektpartnern auf dem Gelände des Flugplatzes in Nobitz.
Anfang 2013 nahm die Energiegenossenschaft ihre bis dato dritte und zugleich größte Photovoltaik-Anlage auf dem Flugplatzgelände in Nobitz in Betrieb. Das Investitionsvolumen betrug seinerzeit 600.000 Euro und wurde mit 100.000 Euro aus dem 1.000-Dächer-Photovoltaik-Programm des Freistaates Thüringen gefördert. Die Anlage hat im Durchschnitt der letzten drei Jahre 408.650 kWh Strom pro Jahr erzeugt, womit 135 Drei-Personen-Haushalte in der Region versorgt werden können.
Nun bietet sich mit dem Forschungsprojekt des Instituts für Hochspannungstechnik und Elektrische Energieanlagen (elenia) der Technischen Universität Braunschweig, der SMA Solar Technology AG und der GEWI AG die Gelegenheit, die Innovationsfähigkeit der ENGO erneut unter Beweis zu stellen. Im Rahmen dieses Projektes werden Photovoltaik-Anlagen zum Zweck der sogenannten Regelenergieerbringung umgerüstet und in verschiedenen Tests untersucht. Die Regelenergie bzw. Regelleistung dient dazu, Schwankungen im Stromnetz auszugleichen. Die Bilanz zwischen Stromerzeugung und Stromverbrauch ist die Achillesverse des Stromsystems. Als Maß dieses sensiblen Gleichgewichts gilt die Netzfrequenz, die im optimalen Betriebsfall bei 50 Hertz liegt. Wird jedoch zeitgleich mehr Strom erzeugt als verbraucht, steigt die Frequenz. Auf der anderen Seite fällt die Netzfrequenz, wenn weniger Strom erzeugt als aktuell abgenommen wird. Bei Lastschwankungen oder Kraftwerksausfällen werden spezielle Erzeugungsanlagen, aktuell zumeist Großkraftwerke, genutzt, um die Frequenz zu stabilisieren. Um das Stromnetz zu entlasten, kann diese Form der Regulierung binnen Sekunden eingreifen.
Um die Abhängigkeit von konventionellen Kraftwerken zu reduzieren, sollen nunmehr Lösungen geschaffen werden, sodass erneuerbare Energien diese essentiellen Aufgaben übernehmen können. Ziel ist es, die im Labor erforschten Systeme und Betriebsstrategien an einer realen Anlage zu untersuchen und Erfahrungen im Umgang mit den neuen Anlagenkomponenten zu sammeln. Die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber Amprion, TenneT, TransnetBW und 50Hertz begleiten die Forschungsarbeiten als assoziierte Partner. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördert das Forschungsvorhaben, welches noch bis Juli 2018 läuft, im Rahmen der Initiative „Zukunftsfähige Stromnetze“.
„Wir freuen uns an diesem Projekt teilzunehmen, zumal unsere Anlage in Nobitz die erste in Deutschland ist, die mittels eines regelleistungsfähigen Wechselrichters Regelleistung bereitstellen kann. Wenn diese Technologie in Serienreife gehen kann, ist ein weiterer Meilenstein bei der ökologischen Sicherung und Stabilisierung der Stromversorgung geschafft“, so Lars Trenkmann, Vorstandsmitglied der ENGO.
„In der Forschungsanlage in Nobitz haben wir Sunny Tripower Wechselrichter installiert, die mit einer speziellen Firmware jederzeit ihre maximale Einspeiseleistung schätzen und so eine definierte Leistungsreserve vorhalten können. Außerdem wurde über die SMA webconnect-Technologie ein Fernzugriff auf die Anlage hergestellt, um jederzeit verschiedene Regelungskonzepte in einer echten PV-Anlage erproben zu können“, sagt Mathias Bünemann, Entwicklungsingenieur bei SMA und Projektkoordinator.
„Mit dem bisherigen Stand des Projekts sind wir sehr zufrieden. Wir können nun in einer realen Anlage demonstrieren, dass PV Kraftwerke die Aufgaben zur Erhaltung der Netzstabilität in verschiedenen Anwendungsfällen übernehmen können und zur Stabilisierung der Stromnetze beitragen. Die bedarfsgerechte Bereitstellung von Regelleistung zur Haltung der Netzfrequenz ist dabei ein zentraler Aspekt. Schon heute beteiligen sich Photovoltaik-Anlagen umfassend am Netzmanagement“, ergänzt Björn Osterkamp, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Arbeitsgruppe Energiesysteme an der TU Braunschweig. Der technische Umbau der Anlage gemäß den Projektanforderungen erfolgte durch den im Landkreis ansässigen Photovoltaikspezialisten ENDIHS Tobias Heinig & Jens Schüler GbR.
Für die Regelenergiesteuerung erhalten teilnehmende Anlagenbetreiber eine zusätzliche Bereitschaftsvergütung vom Netzbetreiber, so dass die Umrüstung der Photovoltaik-Anlage durchaus interessant ist und sich auch für den Netzbetreiber im Hinblick auf Wartungskosten des Stromnetzes rechnet. „Für uns ist nicht der Mehrertrag aus dem Projekt vordergründig, sondern die Möglichkeit, in diesem Zusammenhang perspektivisch auch Speichertechnologien testen zu können, die Energiereserven durch die Regulierbarkeit vorhalten und variabel ins Netz bei Mehrbedarf abgeben können. Das eröffnet in Zukunft weitere Ertragspotenziale für Anlagenbetreiber“, erläutert ENGO-Vorstand Maik Harles den Grund für die Teilnahme am Projekt.
Am Dienstag, dem 25.07.2017, wurde nun die Anlage in Nobitz auf dem Flugplatzgelände um 11.00 Uhr mit der neuen Regelenergiesteuerung gemeinsam mit allen Projektpartnern eingeweiht und in Betrieb genommen werden. Dazu wurde folgender Beitrag durch den MDR gedreht, der im Thüringen Journal ausgestrahlt wurde.
Beitrag im MDR Thüringen Journal vom 25.07.2017
Link zum Beitrag in die MDR Mediathek (7 Tage ab Sendezeitpunkt verfügbar)
Beitrag Altenburg TV "Strom vom Flugplatz" vom 27.07.2017
Link zum Beitrag
Artikel "Nobitzer Solarmodule sind bundesweit einzigartiges Testobjekt" in der OVZ vom 26.07.2017
Link zum Artikel (ggf. kostenpflichtig im Online-Abo)
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